Ein einfacher Unfall: Heimlich im Iran gedreht - Kritik zum Cannes-Gewinner von Jafar Panahi
Jafar Panahis "Ein einfacher Unfall" sorgt für Aufsehen: heimlich produziert, politisch brisant - und mit der Goldenen Palme ausgezeichnet. Unsere Kritik zum Film!

"Ein einfacher Unfall" hat bei den 78. Filmfestspielen von Cannes die Goldene Palme gewonnen! Damit gehört der iranische Regisseur Jafar Panahi zu den wenigen, die bei allen drei Top-Filmfestivals in Europa den Hauptpreis gewonnen haben. Für "Der Kreis" gewann er im Jahr 2000 in Venedig den Goldenen Löwen. Für "Taxi Teheran" gab es in Berlin 2015 den Goldenen Bären und dieses Jahr in Cannes die Goldene Palme. Am 8. Januar 2026 startet der Film in den deutschen Kinos!
Ohne Drehgenehmigung, aber mit einer ordentlichen Portion Mut: "Taxi Teheran"-Regisseur Jafar Panahi hat sich zurückgemeldet - mit einem neuen Film, heimlich gedreht im Iran und uraufgeführt in Cannes. Eine scharfe Abrechnung mit dem Mullah-Regime, die politisch, philosophisch und überraschend charmant daherkommt.
Jafar Panahi gewinnt bei den 78. Filmfestspielen von Cannes die Goldene Palme. Sein Name ist der Filmwelt jedoch schon seit über 30 Jahren ein Begriff. Das sind seine Top-Filme!
Jafar Panahi: Vom Hoffnungsträger zum Regimegegner
In den späten 90ern und frühen 2000ern galt Panahi als einer der Hoffnungsträger der iranischen Neuen Welle. Mit Festival-Lieblingen in Cannes, Berlin und Venedig traf er den Nerv eines weltweiten Publikums: zugänglich, gesellschaftskritisch, nie belehrend - ein Balanceakt, den kaum jemand so beherrschte wie er.
Doch mit "Offside" (2006) war plötzlich Schluss: Berufsverbot. Statt aufzugeben, wurde Panahi kreativ - und drehte weiter. Filme wie "Taxi Teheran" oder "Dies ist kein Film" entstanden unter schwierigsten Bedingungen, oft heimlich, oft mit ihm selbst im Zentrum. Sein Schaffen wurde zum Akt des Widerstands.
In den letzten 15 Jahren gab es von Jafar Panahi 6 Spielfilme. Für jemanden, der eigentlich ein Berufsverbot hatte, ist das eine ganz schöne Menge! Diese Filme hat er heimlich gedreht. So wurde er kreativ und installierte Sicherheitskameras in einem Auto (in "Taxi Teheran") und ließ die gesamte Handlung im Auto spielen. Oder aber er dreht heimlich Filme auf dem Land, weitab der Aufmerksamkeit des Regimes ("No Bears"). Außer Land werden die Festplatten mit dem Filmmaterial beispielsweise in einem Kuchen geschmuggelt (bei "Dies ist kein Film").
Mit "Ein einfacher Unfall" scheint das Kapitel Berufsverbot 2025 endlich abgeschlossen zu sein. Doch Panahi wartet nicht auf offizielle Freigaben: Für "Ein einfacher Unfall" griff er erneut zur Guerilla-Kamera - und zeigt, dass sein Biss ungebrochen ist.
"Ein einfacher Unfall" erzählt von einem moralischen Dilemma
Im Zentrum der Geschichte steht ein scheinbar harmloser Autounfall. In der Werkstatt erkennt der Mechaniker Vahid im Familienvater seinen ehemaligen Peiniger aus dem Gefängnis - zumindest glaubt er das. Ein Verdacht, der sich zur Obsession entwickelt: Vahid folgt dem Mann, will ihn entführen. Doch: Ist das wirklich sein Folterer? Oder spielt ihm sein Trauma einen Streich?
Je tiefer Vahid in die Vergangenheit gräbt, desto mehr Ex-Häftlinge befragt er - doch deren Aussagen widersprechen sich. Erinnerung, Rache, Schuld - was ist real, was ist Projektion? Panahi inszeniert ein moralisches Kammerspiel, das sich wie ein Thriller anfühlt, aber philosophisch zum Nachdenken zwingt.
Fünf Figuren, fünf Wahrheiten
Panahi jongliert mit einem Ensemble aus nur fünf Figuren, die fast schon comichaft überzeichnet sind - allein durch ihre Kleidung. Sie streiten, diskutieren, verurteilen. Jede Figur steht für eine Facette der iranischen Gesellschaft, aber gleichzeitig bleiben sie immer echte Menschen, keine Karikaturen.
Gibt es eine objektive Wahrheit? Oder bestimmen Wut, Schmerz und Reue unsere Sicht auf die Welt?
Zwischen Drama und Witz: Der typische Panahi-Ton
Trotz der ernsten Thematik bleibt Panahi seinem Stil treu: "Ein einfacher Unfall" ist durchzogen von leiser Ironie und subtilem Humor. Die Leichtigkeit, mit der Panahi die schwersten Themen anfasst, ist beeindruckend - und einzigartig.
Gleichzeitig wird schnell klar: Der Film ist auch eine Verarbeitung seiner Zeit im Gefängnis. Auf der Pressekonferenz in Cannes sagte Panahi, das Regime schreibe solch regimekritische Filme im Grunde selbst - durch Repressionen, Verhaftungen und Tabus.
Um welchen Indianerstamm geht es in "Killers of the Flower Moon"?
Scharfsinnig, politisch - und trotzdem charmant
Der iranische Filmemacher Jafar Panahi liefert seinen ersten Film seit über 15 Jahren, in dem er nicht sich selbst spielt und Wege finden muss, ein Berufsverbot zu umgehen. Nun darf er wieder legal Filme drehen und dreht "Ein einfacher Unfall" trotzdem heimlich - und wer den Film sieht, weiß auch warum! Philosophisch werden Themen wie Schuld, Rache und fragile Gefüge von Wahrheit jongliert, während die richtige Prise Humor das Drama auflockert und für den nötigen Biss sorgt!
| Altersfreigabe | ab Jahren |
| Laufzeit | 101 Minuten |
| Release | 20. Mai 2025 |
| Post-Credit-Szene | ✘ |
Besetzung
- Afssaneh NajmabadiEghbal's Wife
- Delmaz NajafiThe Little Girl
- Ebrahim AziziEghbal
- George HashemzadehSalar
- Hadis PakbatenGolrokh
- Madjid PanahiThe Groom
- Mariam AfshariShiva
- Mohamad Ali ElyasmehrHamid
- Vahid MobasseriVahid
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