Fehlendes Bauteil bei vielen Balkonkraftwerken: Kritisch oder nicht?
Einer noch unbekannten Anzahl an Balkonkraftwerken fehlt ein Bauteil, das laut VDE-Norm zwingend verlangt wird. Welche Hersteller betroffen sind und was jetzt zu tun ist.
- Wechselrichter für Balkonkraftwerke (BKW) des chinesischen Herstellers Deye wurden ohne ein sicherheitsrelevantes Bauteil ausgeliefert.
- Die Bundesnetzagentur hat sich eingeschaltet.
- Die Mikro-Wechselrichter von Deye kommen in zahlreichen BKWs unterschiedlicher Hersteller zum Einsatz.
- Deye selbst rudert zurück, spricht von einem regulatorischen Problem, nicht von einem Sicherheitsrisiko.
Der YouTuber VoltAmpereLux hatte vor einigen Tagen herausgefunden, dass in Wechselrichtern von Balkonkraftwerken vom Typ Deye SUN600G3 ein Relais fehlt. Dieses Relais ist laut dem Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) allerdings zwingend vorgeschrieben. Fehlt es, wie es nun vermutlich zehntausendfach der Fall sein könnte, erlischt die Betriebserlaubnis betroffener Geräte. VoltAmpereLux stieß mit seinem Fund offenbar in ein Wespennest. Kurze Zeit später öffneten zahlreiche andere YouTuber betroffene Wechselrichter - mit dem gleichen Ergebnis.
Das Relais - sofern vorhanden - sorgt vereinfacht dafür, dass die Verbindung zwischen Wechselrichter und Netz in Ausnahmesituationen automatisch getrennt wird. Dieser sogenannte NA-Schutz muss zudem redundant, also doppelt abgesichert ausgelegt sein.
Hersteller können diesen Schutz erreichen, indem sie den Stromfluss etwa sowohl softwareseitig als auch physikalisch im Wechselrichter beobachten. In besagtem Wechselrichter fehlt indes das dafür vorgesehene Relais auf der Hardwareseite.
Gegenüber Heise Online gab Deye zu Protokoll, dass es sich "primär um ein regulatorisches Thema handelt und bisher keine Gefahr vom Betrieb der Wechselrichter bekannt ist oder nachgewiesen werden konnte". Zudem seien "keine Vorfälle bekannt, bei denen es zu einem Schaden an Mensch oder Material" durch den Einsatz der Produkte gekommen sei.
Der Hersteller stehe zudem in Kontakt mit der Bundesnetzagentur. Der Prozess laufe allerdings noch, man wolle mögliche Missstände zeitnah aus dem Weg räumen.
Wie es für betroffene Kunden jetzt weitergeht, ist unklar, da auch eine offizielle Stellungnahme seitens Deye noch aussteht. In der Vergangenheit warnte die Bundesnetzagentur bereits aktiv vor zum Teil mangelhaften Solarwechselrichtern in BKW die ohne CE-Kennzeichnung im Umlauf sind. In Zuge dessen gab die Agentur Verbrauchertipps heraus, die beim Kauf eines Balkonkraftwerkes beachtet werden sollten. Dazu gehören etwa die folgenden Hinweise:
- Bestellen Sie online bei seriösen und bekannten Quellen. Informieren Sie sich vorher über den Anbieter, beispielsweise bei den Verbraucherzentralen oder der Stiftung Warentest.
- Prüfen Sie, ob eine Adresse in der EU angegeben ist, unter der Sie den Anbieter oder seinen Partner erreichen können. Diese Adresse muss auf dem Produkt oder seiner Verpackung, dem Paket oder in einem Begleitdokument angegeben werden.
- Prüfen Sie, ob das Produkt mit einem CE-Kennzeichen korrekt versehen ist.
- Vergewissern Sie sich, dass Angaben zu allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sowie Widerrufs- und Rückgabebelehrungen vorhanden sind.
- Prüfen Sie die Beschreibung des Produkts sorgfältig. Achten Sie insbesondere darauf, dass Hinweise auf eine deutschsprachige Bedienungsanleitung vorliegen.
- Der Preis sollte im Vergleich zu Mitbewerbern plausibel sein.
- Wenn Sie unsicher sind, stellen Sie dem Verkäufer Fragen zum Produkt. Seriöse Verkäufer beantworten Fragen zügig und gern.
- Achten Sie darauf, dass der Steckertyp auch in Deutschland verwendbar ist.
Auf was ihr darüberhinaus noch beim Kauf eines Balkonkraftwerkes inklusive Wechselrichter achten solltet, erfahrt ihr in diesem Netzwelt-Artikel.
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